Gehirn

Marktforschung mit Neuromarketing

4.2.4. Funktionelle Magnetresonanztomographie (fMRI)

Die in den 90er Jahren entwickelte funktionelle Magnetresonanztherapie ist die im Rahmen der marketingspezifischen Gehirnforschung momentan am meisten beachtete Methode.

4.2.4.1 Verfahren der fMRI

Die fMRI nutzt die Tatsache, dass aktive Zellen einen höheren Sauerstoffbedarf haben als vergleichbare inaktive Zellen. Der Sauerstoff wird durch den Blutkreislauf in höherem Maße zur Verfügung gestellt, als er durch die betroffenen Zellen verbraucht werden kann. Es kommt also zu einer Sauerstoffanreicherung im Blut. Sauerstoff wird im Körper mittels des Blutfarbstoffes Hämoglobin transportiert, dessen magnetische Eisenatome durch die Aufnahme von Sauerstoff „oxygeniert“ und dadurch diamagnetisch werden. Sauerstoff transportierendes Hämoglobin unterscheidet sich in seinen magnetischen Eigenschaften vom sog. Desoxyhämoglobin. Dieser Effekt wird in der Fachliteratur als BOLD-Effekt bezeichnet.
Untersucht man die Probanten in einem extrem starken und homogenen Magnetfeld, kann man die unterschiedlichen Einflüsse des Hämoglobin als regional und temporal spezifische Magnetfeldinhomogenität messen.
Somit erlaubt die fMRT eine Beobachtung der zeitlichen und räumlichen Aktivierung spezifischer Gehirnareale nahezu in Echtzeit.
Die räumliche Auflösung der Ergebnisse liegt bei dieser Methode im Millimeterbereich und so können nur „Areale“ bestimmt werden, die eine erhöhte Aktivität aufweisen; nicht jedoch einzelne Neuronen. Ein weiterer Faktor ist, dass die beobachteten Effekte immer mit einer gewissen Verzögerung zu ihrem auslösenden Stimulus eintreten, da der Blutfluss zunächst vom Organismus an die erhöhte Zellaktivität angepasst werden muss.
Im Gegensatz zur PET Methode ist die fMRI nach heutigem Stand der Wissenschaft für die Probanden nicht gesundheitsschädlich.
Man unterstellt bei dieser Methode, dass der erhöhte Sauerstoffverbrauch in einem direkten Zusammenhang mit der neuronalen Aktivität der entsprechenden Bereiche steht.

4.2.4.2 Exemplarische experimentelle Versuche mittels fMRI

In den Fokus der Gehirnforschung rücken, dank hochentwickelter Methoden wie fMRI, zunehmend auch „komplexere Phänomene“ wie beispielsweise die Verarbeitung von Emotionen im Gehirn.
Zu diesem Zweck werden eine Vielzahl unterschiedlicher Experimente durchgeführt. Allen gemein ist die Betrachtung des Gehirns mittels der fMRI. Unterschiede in den Experimenten ergeben sich aus der Art der Reizung des Gehirns.
Das Spektrum dieser Untersuchungen reicht von der schlichten Reizung mittels eines Bildes, wie in Abschnitt 0 dargestellt, oder Videos , über die Verabreichung von Produktproben, analog Abschnitt 0, bis hin zu komplexen Aufgabenstellungen, in denen die Probanden moralische Entscheidungen treffen sollen.
Um die Rolle und Wirkung von Vertrauen im Entscheidungsverhalten der Konsumenten zu ermitteln, lässt man Probanden unter Beobachtung miteinander interagieren.

4.2.4.3 Gesicherte Erkenntnisse

Wenige marketingspezifische Erkenntnisse aus der Gehirnforschung gelten bisher als wissenschaftlich belegt.
Die bisher interessanteste Erkenntnis des Neuromarketing ist die Tatsache, dass Probanden auf die Präsentation ihrer jeweiligen Lieblingsmarke signifikant anders reagieren als auf andere Marken. Bisher ging man von einem „Relevant Set“ von mehreren Marken aus. Das Ergebnis deutet jedoch an, dass es für eine Markenpositionierung günstiger ist, bei wenigen Konsumenten „Top of mind“ zu sein, als bei vielen nur die zweite oder dritte Position zu belegen.
Die zweite wichtige Erkenntnis ist die starke Bedeutung von Vertrauen bei der Entscheidungsfindung von Konsumenten. Diese Erkenntnis führt zu einer Abkehr vom Bild des „Homo oeconomicus“. Konsumenten verhalten sich nicht ausschließlich im rationalen Eigeninteresse, sondern vielmehr „bedingt kooperationsbereit“ .
Dieses neue Modell des „homo reciprocans“ gründet auf der emotionalen Beeinträchtigung in Entscheidungssituationen, die mittels fMRI experimentell nachgewiesen werden konnte.

Webkataloge